Zweitausendzweiundzwanzig

2022: Ein Jahr das Geschichte schreiben wird. Die Fußballweltmeisterschaft wird in Katar stattfinden, die Landesgartenschau in Neuenburg und die Bundesregierung, und das ist höchstwahrscheinlich das was in den Geschichtsbüchern zu lesen sein wird, wird endgültig aus der Atomkraft aussteigen.

Von Sophie Freitag

(c) RoesselAtomkatastrophe  2011 in Japan, Angela Merkel verkündet den Ausstieg aus dem Ausstieg. „Doch die Weichen wurden schon um einiges früher gestellt. Anfang April 2000 trat das  EEG, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, in Kraft. Der Umstieg aus der kohlenstoffbasierten Wirtschaft auf erneuerbare Energien.“ Fukushima hat es nur noch einmal gezeigt. „Das Risiko, dass die Atomkraft bietet, ist zu groß um es dauerhaft zu tragen. Die Kosten sind zu hoch, sowohl ökonomisch, ökologisch als auch gesellschaftlich”, so Jan Roessel, Referent für Europapolitik der Deutschen Gesellschaft e.V.

Roessel besucht seit Herbst diesen Jahres Schulen im ganzen Land und hält Workshops zu den politischen Initiativen der Bundesregierung im Bereich der Energiewende. Das Projekt wird dabei vom Bundespresseamt gefördert. „Wir wollen vermitteln: Was macht Europa? Was macht Deutschland? Was machst Du?”
 Der Workshop ist immer in zwei Teile gegliedert.

Was machst du für die Energiewende?

Teil 1: Roessel und sein Team besprechen mit den Schülerinnen und Schülern die aktuelle Situation in Deutschland. Wie kommt der Offshore-Strom von der Ostsee an die Industriestandorte im Süden? „Beim Ausbau der erneuerbaren Energien gibt es wenige Probleme, beim Ausbau der Netze hingegen schon. Der produzierte Strom kann nicht komplett von den Netzen aufgenommen werden. Die Trassen sind überlastet, wir müssen knapp 4000 Kilometer neu bauen. Teilweise muss der Strom deswegen über die Netze von Polen und Tschechien transportiert werden.” Allerdings ist das nur die eine Seite der Medaille. „Man darf nicht nur auf die Politik zeigen, man muss sich auch an die eigene Nasse fassen. Muss ich unbedingt mit dem Auto fahren, tut es nicht auch der Bus?” Und da sind die Schülerinnen und Schüler auf einmal ganz nah dran.
Stromanbieter, Standbymodus, A+++, Plastiktüten sind weiter schülernahe Themen.

Letzteres ist in den vergangenen Wochen durch die Medienlandschaft und Sitzungen der Europäischen Union gewandert. Roessel argumentiert „Wenn man die Tüten mit einer Abgabe belegt, beispielsweise 22Cent pro Tüte, spätestens da fragt  man sich doch dreimal, ob man sie wirklich braucht. Reicht beim Gemüseladen nicht auch der Stoffbeutel?”

Montag da war er in Mecklenburg-Vorpommern, am Gymnasium in Wittenburg in der 12.Klasse. Hier bewiesen die Schülerinnen und Schüler, dass Nachhaltigkeit nicht überall gleich umgesetzt werden kann. „Berlin ist da anders als das Mecklenburgische Land. Andere Herausforderungen. In Berlin kann man mal auf ein Auto verzichten. Im tiefsten Mecklenburg ist das schwierig, da verzichtet man dann auch mal auf einen Teil des sozialen Lebens.”

„Da braucht keiner Angst zu haben, dass die Lichter ausgehen.“

Berlin, die pulsierende Stadt. Hier passiert was.
Das dachte wahrscheinlich der ein oder andere Hauptstadtbewohner am 3. November 2013, beim Berliner Volksentscheid zur Übernahme des Stromnetzes und Aufbau eines eigenen Stadtwerks. Es scheiterte an 0,9 Prozent. Roessel schränkt ein: „Der Entscheid in Berlin ist vermutlich keine endgültige Entscheidung. Das Thema bleibt auf der Agenda. Zivilgesellschaftliches Engagement steht hoch im Kurs. Schauen wir nur in den hohen Norden. In Hamburg da hat es geklappt. Die jungen Leute sehen, dass sie sich in die Politik einbringen können. Nicht immer befördern Bürgerinitiativen aber die Energiewende.“

Aber es geht nicht nur um Realisierung und Beteiligungsmöglichkeiten. Es geht wie so oft im Leben auch um die Finanzierung. Die Energiewende ist nicht zum Nulltarif zu haben, auch das wird in den Diskussionen mit den Schülerinnen und Schülern immer wieder deutlich. Schaffen wir es überhaupt uns selbst zu versorgen? „Da wird es keine Probleme geben. Es gibt seriöse Planungen. Deutschland bezieht einen recht geringen Anteil seines Stroms aus der Atomkraft, da braucht keiner Angst zu haben, dass die Lichter ausgehen.” Aber die Konkurrenz schläft nicht und wenn dann nur in einer anderen Zeitzone. „China ist so ein Land, dessen Wirtschaft die Zeichen der Zeit ebenfalls erkannt hat. Damit zu konkurrieren  ist schwierig. Aber da heißt die Lösung Innovation.”

Wie innovativ Deutschland ist, sehen die Schülerinnen und Schüler  dann im zweiten Teil des Workshops. Es geht raus aus dem Klassenzimmer. Sie besuchen ein europäisch gefördertes Projekt in ihrer Region. In Mecklenburg Vorpommern waren sie im Bioenergiedorf Neuhof, das die Dörfer der Region krisensicher mit Strom und Wärme aus nachwachsenden Rohstoffen versorgt. Ein wichtiger Bestandteil ist dabei die moderne Biogasanlage, die mit regional erzeugten Rohstoffen (Energiepflanzen, Gülle, Mist) versorgt wird.
    
Hier sehen sie, was vor Ort schon umgesetzt wird. Sie können sich informieren, beteiligen, Praktikumsplätze ergattern, netzwerken.

„Es ist ein Querschnittsthema“

Roessel betont, wie wichtig die Energiewende für das gesamte Land ist
„Es ist ein Querschnittsthema. Es betrifft alle Felder der Politik. Umwelt und Klimapolitik, Wirtschaftspolitik, Finanzpolitik, aber auch Äußeres und Sicherheit. Wenn Deutschland ein innovationsstarker Industriestandort bleiben möchte, und das wollen wir, hat jeder seinen Teil dazu beizutragen.”

Sei es der handwerkliche Betrieb um die Ecke, der effizientere Bauweisen bei der Fassadendämmung nutzt oder die Berliner Verkehrsgesellschaft die nun in Wasserstoffmobilität investiert.

Nach dem Ausflug ist für Roessel Schluss in Mecklenburg-Vorpommern.
Einige der SchülerInnen wird er auf der großen Abschlussveranstaltung in Berlin wiedersehen. Hier werden sie sich mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft  austauschen. Roessel bleibt gespannt  „Es betrifft jeden von uns, besonders die Jugendlichen. Wir möchten ihnen eine Welt überlassen, in der sie weiterhin gut leben können. Die Milderung des Klimawandels gehört dazu.”

Ob Deutschland Fußballweltmeister, Klimaweltmeister oder beides wird, sehen wir dann Zweitausendzweiundzwanzig.

 

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